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Br Manfred
Br Manfred

In dieser Serie berichtet die Wiler Zeitung in loser Folge über die Menschen im Kapuzinerkloster Wil.

Leben im Kloster (4) Kapuzinerbruder Manfred war 40 Jahre lang in der Mission in Tansania tätig. Dort erlebte er ergreifend Schönes, aber auch Abenteuer und wilde Tiere gehörten zu seinem Alltag.

Beatrice Oesch

Wil. Seit September 2010 weilt Bruder Manfred Birrer im Kapuzinerkloster in Wil. Er hat sich gut in der Gemeinschaft eingelebt und übernimmt trotz seiner 77 Jahre und der angeschlagenen Gesundheit noch immer gerne seelsorgerische Aufgaben. Seine Herzprobleme infolge der tropischen Hitze waren der Grund, weshalb Bruder Manfred seine 40-jährige Tätigkeit in der Mission in Afrika aufgeben musste. Für die Wiler Zeitung erzählt er von seiner Zeit in Tansania und aus seinem Leben, über schöne und ergreifende Momente, aber auch über Löwen, Elefanten und seinen abenteuerlichen Alltag im Busch. Eine Glasperlenkette und ein kleiner Löwe aus Ebenholz sind Andenken an diese erfüllten Jahre, als er in den Sprachen Kisuaheli und Kihaia predigte, und als sein Weg zu den Pfarreiangehörigen oftmals mit dem Motorrad auf Elefantenpfaden durch den Busch führte und er unterwegs Löwen ausweichen musste. Etwas aus dieser Zeit ist ihm besonders in Erinnerung geblieben: „Es war immer wieder wunderbar zu sehen, wie sehr sich diese Menschen freuen konnten und das auch zeigten, zum Beispiel nach einer guten Ernte.“

Löwe tötete sieben Menschen
„Einmal im Jahr machte ich mich für etwa 14 Tage auf den Weg zu den abgelegenen Gebieten der Missionsstation. Ich hatte zwei Träger dabei, einen für die Messkiste, und einen für die Kochkiste“, erinnert er sich lächelnd, und fügt hinzu: „Wenn ich in den entlegenen Dörfern ankam, wurde gleich für ein ganzes Jahr geheiratet, getauft und gefeiert!“ Luxus gab es natürlich nicht, Bruder Manfred schlief in Hütten oder im Freien an einem Lagerfeuer – wegen der Löwen. Das war eine abenteuerliche aber auch erfüllende Zeit, und Bruder Manfred war neben dem seelsorgerischen Beistand um ganzheitliche Hilfe für die Menschen bemüht. Er sorgte für verbesserte Wohnqualität, zum Beispiel verschliessbare Türen anstelle von Matten, und für Mitfahrgelegenheiten zu medizinischer Betreuung, fuhr selbst Patienten oder Frauen zur Entbindung zur nächsten Krankenstation. Auch tiefes Leid musste er miterleben, als ein Löwe zuerst eine fünfköpfige Familie tötete und von Jägern angeschossen einige Tage später ein Ehepaar überfiel, das er ebenfalls auslöschte – um kurz darauf an einer Speerverletzung seines letzten Opfers zu verenden.

Seelsorge und Wolldecken
Als der junge Manfred nach der Schulzeit bei seinem Vater auf dem Hof arbeitete, brauchte er eineinhalb Jahre, um ihn davon zu überzeugen, dass er Theologie studieren und Priester werden wollte. „Erst als ich drohte, wegzulaufen, sah mein Vater ein, wie ernst es mir war“, schmunzelt er. Es war für Bruder Manfred kein Problem, so viele Jahre in Afrika zu verbringen, denn Heimweh kennt er nicht, findet sich überall schnell zurecht. Doch zu wichtigen Anlässen, wie dem 90. Geburtstag seiner Mutter, reiste er gerne in die Schweiz zurück. Wie man Menschen am besten hilft, beschreibt er so: „Man muss immer ganzheitlich denken, und den Menschen nicht nur seelsorgerisch beistehen, sondern auch Essen und medizinische Betreuung ermöglichen und die Grundbedürfnisse der Leute erfüllen.“ So verwundert es nicht, was Bruder Manfred mit dem ausgezahlten Geld von seiner Lebensversicherung machte: Er investierte es in Wolldecken für Bedürftige seiner Missionsstation.