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Kloster Herbst
Kloster Herbst

In dieser Serie berichtet die Wiler Zeitung in loser Folge über die Menschen im Kapuzinerkloster Wil.

Leben im Kloster (1) – Im Kapuzinerkloster in Wil leben 18 Ordensbrüder. Einerseits befasst sich das Kloster mit der Pflege älterer Ordensbrüder, andererseits unterstützt es die Pfarreien in der Region in der Seelsorge.

Monique Stäger

An der Pforte des Kapuzinerklosters baumelt an einem Seilzug ein geschnitztes Holzkreuz, ein Schild fordert die Besucher auf: «Bitte läuten». Nach wenigen Minuten wird die Tür geöffnet und das Klosterinnere kann betreten werden. «Wir haben eine offene Pforte für jeden», erklärt Josef Haselbach, der Hausobere – Guardian genannt –  der Kapuzinergemeinschaft in Wil. Das Kloster gehört zum Schweizerischen Verband der Kapuzinerklöster. In der Deutschschweiz gibt es zurzeit noch neun Niederlassungen.

Hohes Durchschnittsalter
Der Klosterfamilie in Wil gehören heute noch zwanzig Personen an. «18 Brüder wohnen hier, zwei sind aus gesundheitlichen Gründen im Kloster in Schwyz zur Pflege», so Bruder Josef. Der Bruder spricht dabei auch gleich das Hauptproblem der Klöster an, die Überalterung. «In unserer Klosterfamilie in Wil liegt das Durchschnittsalter bei rund 82 Jahren.» Vier Brüder sind über 90 Jahre alt. Bruder Paul ist mit 47 Jahren der Jüngste, aber auch der Guardian Josef Haselbach gehört mit seinen 59 Jahren zur jungen Garde. «Es wird zunehmend schwieriger, die leitenden Stellen in der Kapuzinergemeinschaft zu besetzen.»

Dem Kloster an der Konstanzerstrasse kommt die Aufgabe zu, ältere Mitbrüder, die auf Hilfe und leichte Pflege angewiesen sind, zu unterstützen. Um diese Pflege zu gewährleisten, sind drei Krankenschwestern direkt vom Kloster angestellt worden. «Täglich kommt eine dieser Fachpersonen vorbei, stellt Medikamente bereit und bietet die notwendige Pflege an», erzählt Bruder Josef. «Sobald einer jedoch schwer pflegebedürftig ist und nicht mehr laufen kann, wird er in die Pflegeabteilung des Klosters Schwyz verlegt.»

Doch das Kloster ist nicht nur ein Seniorenkloster, die Brüder übernehmen auch wichtige Aufgaben im Seelsorgebereich in der Region, und diese Region reicht von Alt St. Johann über Schaffhausen, Winterthur bis St. Gallen. Mit regelmässigen Sonntagsaushilfen unterstützen die Brüder über hundert Pfarreien.

Vor allem an den Feiertagen herrscht Hochbetrieb. «Wir haben bereits Anfragen für Weihnachten 2011 bekommen», macht Josef Haselbach die angespannte Personalsituation in der katholischen Kirche deutlich. Im vergangenen Jahr haben die Kapuzinerbrüder rund siebenhundert Einsätze geleistet.

Externe Arbeitskräfte
Nicht nur Krankenschwestern sind im Kloster angestellt, auch andere Arbeiten müssen zusehends ausgelagert werden. Wo früher noch ein autonomer Arbeitsbetrieb herrschte, werden nebst der Bedienung der Pforte, allgemeine Botengänge, Bügeln oder auch Einkäufe von externen Arbeitskräften verrichtet. «Wir überlegen uns auch für die Küche einen Wechsel», erzählt Bruder Josef. «Köche hätten wir schon, aber mit Putzen stossen die älteren Mitbrüder an ihre Grenzen.»

Und wo sieht der Guardian das Kloster Wil in der Zukunft? «Wir planen in Zeiträumen von zehn oder fünfzehn Jahren. Jedes Jahr schliesst ein Kapuzinerkloster.» «Wir sind daran, neue Formen der Vernetzung zu suchen, mit Leuten, die an unserem Leben teilhaben wollen.»

 In dieser Serie berichtet die Wiler Zeitung in loser Folge über die Menschen im Kapuzinerkloster Wil.
Stadt Wil: 11. November 2010