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Br Paul Mathis
Br Paul Mathis

In dieser Serie berichtet die Wiler Zeitung in loser Folge über die Menschen im Kapuzinerkloster Wil.

Leben im Kloster (2) – Bruder Paul ist mit 47 Jahren der jüngste Bruder im Kapuzinerkloster Wil. Für den Advent plant er im Klosterschöpfli einen Versöhnungsweg für Erwachsene mit zehn Besinnungsstationen.

Beatrice Oesch

Wil. Im Kapuzinerkloster Wil ist Bruder Paul Mathis mit seinen 47 Jahren der Jüngste. Zu seinen vielfältigen Tätigkeiten gehört als Vikar die Stellvertretung von Guardian Bruder Josef Haselbach, dazu auch seelsorgerische Aufgaben und die Mitbetreuung seiner Senioren-Brüder. Dazu kommen das Begleiten von Assisi-Reisen, Exerzitien-Wochen und Projekte wie der Versöhnungsweg für Erwachsene, in dessen Fertigstellung er gerade viel Zeit investiert. Die Idee dazu wurde von aussen an Bruder Paul herangetragen. „Sofort war ich begeistert, als ich von Katechetinnen angefragt wurde, ob so etwas in unserem Kloster möglich sei“, erzählt er gegenüber der Wiler Zeitung und geht den Weg voran zum Klosterschöpfli, das seinem Namen zum Trotz ein grösseres zweistöckiges Gebäude mit nostalgischem Charme ist, bis vor kurzem vollgestopft mit altem Gerümpel und voller Spinnweben. Bruder Paul ist dabei, das heimelige Schöpfli auszumisten und rigoros die alten „Schätze“ zu durchforsten, und hat bereits etliche Gegenstände zu Stationen des Versöhnungswegs arrangiert.

Zwischen Wagenrädern und Krügen
Zwischen alten Koffern, hölzernen Wagenrädern und Porzellankrügen, wie sie anno dazumal zur Körperpflege gebraucht wurden, erklärt Bruder Paul den Zweck des Versöhnungswegs: „Zehn Besinnungsstationen laden auf eine Reise ins Innere ein, um Lebensfragen zu überdenken, zu verweilen, zu beten, das eigene Leben vor Gott zu bringen und ganzheitlich Heilung zu suchen.“ In dieser Zeit der Besinnung sehe er durchaus eine moderne Form der Beichte. Vom 7. bis zum 12. Dezember 2010 zu verschiedenen Zeiten wird der Versöhnungsweg geöffnet sein. Auf dem Weg zurück ins Klostergebäude berichtet Bruder Paul aus seinem Leben. Er wollte nicht bereits als Kind Kapuziner werden, doch ein Kapuziner Bettelbruder, der einige Male seine Familie besuchte und auch bei ihnen übernachtete, hinterliess beim fünfjährigen Paul einen tiefen Eindruck: „Für mich war er wie eine Mischung aus einem Heiligen, der mit seiner Kutte Respekt einflösste, und einem kuscheligen Teddybären, der mit uns Kindern tschuttete und uns eine Gute-Nacht-Geschichte erzählte“, erinnert er sich.

Sterbebegleitung als Geschenk
Nach einer Lehre als Baumschulist und der Rekrutenschule hinterfragte der junge Paul sein Leben; ihm wurde klar, dass er etwas Soziales tun wollte. Den Weg ins Kloster fand er zum ersten Mal mit 20 Jahren, als er eine einwöchige Auszeit nahm. „Das war eine Kontrasterfahrung, als ich beim Kapuzinerkloster Altdorf läutete und der junge Bruder Patrick in Jeans die Pforte öffnete. Er ging mir voran durch die Gänge, die komisch rochen, und brachte mich ins Refektorium, wo sich sogleich Brüder um mich kümmerten und mit mir sprachen. Da spürte ich, hier würde sich mein Leben ändern.“ In den folgenden zwei Jahren wiederholte er die einwöchige Auszeit, und dann wagte er den Schritt ins einjährige Postulat, wuchs in die Gemeinschaft hinein. Bis heute habe er es nie bereut, ins Kloster eingetreten zu sein. Die enge Volksverbundenheit der Kapuziner komme ihm sehr entgegen, und es sei für ihn ein besonderes Geschenk, Menschen in ihrer letzten Lebensphase begleiten zu dürfen: „Das ist ein heiliges Geschehen und weitet mein Inneres.“