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Bruder Notker Krapf kommt täglich in den Garten und hat hier mehrere Lieblingsplätze.
Bruder Notker Krapf kommt täglich in den Garten und hat hier mehrere Lieblingsplätze.

Leben im Kloster (13) – Bruder Notker Krapf wurde in seinem Leben häufig von Kloster zu Kloster versetzt und hat viele Ämter bekleidet. Noch heute ist er Beichtvater im Kapuzinerkloster Wil und hilft im Winter beim Schneeschaufeln mit.

Beatrice Oesch

Bruder Notker Krapf, der älteste Kapuziner im Kloster Wil, ist täglich im Klostergarten zu finden. „Jeden Morgen komme ich um fünf Uhr hierher und schaue auf dem Thermometer nach, wieviel Grad wir haben. Im Garten bin ich sehr gerne“, erklärt er lächelnd und geht voraus zu einer Gartensitzgruppe. Er hat Fotos und drei maschinengeschriebene Blätter mit Stationen seines Lebens vorbereitet. „Mein Leben könnte man mit „Pilger und Fremdling“ umschreiben, denn früher wurden die Kapuziner immer wieder von einem Kloster zum anderen versetzt, um nicht zu sesshaft zu werden.“ Er wurde 1915 als viertes von sieben Geschwistern in Bütschwil geboren. Ab 1933 übernahm sein Vater die Bäckerei mit Restaurant zur Ilge in Gossau. „Mein Vater buk sehr feines Brot“, schwärmt er. Der junge Notker besuchte das Kollegium in Stans, 1942 erhielt er die Priesterweihe in Solothurn, und 1943 kam er als Aushilfspater nach Rapperswil. „Hie und da war es sehr streng, besonders in der Osterzeit, wo ich manchmal von morgens um vier Uhr an Beichthören musste“, erinnert er sich schmunzelnd. „Noch heute höre ich jeden Samstag Beichten, aber nachmittags; die Zeiten haben sich geändert.“

Bildli für die Kinder
Bruder Notker wurde zehnmal von Kloster zu Kloster mutiert. „Ich ging noch Almosen sammeln in den Pfarreien, die Leute schätzten es, wenn man zu ihnen ins Haus kam. Zugleich wurden Haus und Stall gesegnet, und an die Kinder Rosenkränze und Bildli verteilt“, beschreibt er diese Tätigkeit. „Ausserdem war ich Krankenpater, Spitalseelsorger und Gefängnisseelsorger in der Strafanstalt Sedel in Luzern, das war manchmal nicht leicht.“ Ausserdem amtete er als Vikar, Pfarrverweser, Guardian und Laufpater. Seine verschiedenen Ämter führten ihn auch mehrmals nach Wil, und seit 1998 ist das Kapuzinerkloster Wil sein Zuhause. Er ist glücklich hier. „Nur dass ich nicht mehr auf Aushilfe gehen kann, ist für mich manchmal ein grosses Opfer, aber in meinem Alter muss man einfach seine Grenzen sehen.“ Und gleich darauf huscht wieder ein Lächeln über sein Gesicht: „Aber ich habe noch immer Freude daran, mich zu bewegen, und im Winter helfe ich beim Schneeschaufeln mit bis zur Strasse hinunter. Früher war ich übrigens ein guter Goalie, denn ich war schnell und konnte hoch springen“, verrät er verschmitzt.

Singen und die Natur geniessen
Da gibt es noch etwas, was Bruder Notker leidenschaftlich gerne tut: „Das Singen machte mir schon mein ganzes Leben lang grosse Freude. Am liebsten singe ich das Oster-Exultet, und zwar in lateinischer Sprache, weil diese der Melodie am besten entspricht“, und spontan fängt er an, es auswendig vorzusingen. Dann steht er auf, er möchte noch einen seiner Lieblingsplätze im Klostergelände zeigen und geht voraus zu einem kleinen Wäldchen mit üppigem Bärlauch, der würzig duftet, und folgt einem Pfad zu einer Grotte aus Tuffsteinen, in der eine Madonnenfigur mit lieblichem Ausdruck steht. „Hierher zur Lourdes-Grotte komme ich sehr gerne um zu beten“ sagt er leise, und blickt dann einem Eichhörnchen nach, das einen Baumstamm hinaufsaust und dann kurz innehält, um neugierig herüberzuschauen. „In Gottes Natur ist es doch am schönsten“, flüstert er mit einem strahlenden Lächeln.