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Leben im Kloster (5) – Josef Haselbach ist seit drei Jahren Vorsteher des Kapuzinerklosters. Er ist Dreh- und Angelpunkt in klösterlichen Belangen und ist zusätzlich als Spitalseelsorger im Spital Wil tätig.

Monique Stäger

Wil. Mit seinen 59 Jahren gehört der Klostervorsteher – auch Guardian genannt – Josef Haselbach zu den jüngeren Semestern im Kapuzinerkloster in Wil. Im Gesicht des hochgewachsenen Mannes ästeln sich feine Lachfalten um Mund und Augen, sie sind jedoch mehr Zeugen seines Humors denn seines Alters. Seit drei Jahren steht Bruder Josef dem Kapuzinerkloster vor, drei weitere sind angebrochen. Nach drei oder auch sechs Jahren ergibt sich ein Wechsel, denn bei den Kapuzinern ist es üblich, von Zeit zu Zeit das Kloster zu wechseln. «In ganz seltenen und speziellen Fällen können es auch einmal neun Jahre werden», erzählt Bruder Josef. Diese Wechsel sieht er positiv. «Sie bringen Bewegung in die Klöster und das ist gut so.»

Franz von Assisi
Josef Haselbach ist in St. Gallen aufgewachsen. «In einer Lehrerfamilie mit vier Kindern», wie er erklärt. Das Elternhaus muss eine besondere Prägung auf die vier Haselbach-Sprösslinge ausgeübt haben, denn glich drei davon haben einen Teil ihres Lebens in einem Kloster verbracht. «Ich habe in St. Gallen die <Flade> besucht (eine katholische Sekundarschule) und danach das <Kollegi> in Appenzell. In diesem katholischen Gymnasium sei denn auch der Wunsch gewachsen, das Leben im Sinn des heiligen Franz von Assisi zu leben. «Ich habe mich im Internat sehr wohl gefühlt, die Wohngemeinschaft hat mich bereichert.» So sei ja das Leben im Kloster eigentlich auch «eine WG auf Lebenszeit», meint der Kapuzinerbruder lachend. Mit 21 Jahren ist er dem Kapuzinerorden beigetreten.
Die unverkrampfte und lockere Art des Bruders macht das Gespräch mit ihm lebendig und spannend. In seiner offenen Art erzählt er über seine Haltung zum Glauben, zur Personalsituation in den Klöstern und die Zukunft derselben. «Leben im Kloster ist heute schwieriger als früher», sinniert er. Man müsse das mit einer Ehe vergleichen: «Vor hundert Jahren dauerte eine durchschnittliche Ehe 18 Jahre, heute sind es deren 40.» So sei auch die Zeit, die ein Bruder im Kloster verbringe länger geworden.

Besuch bei Patienten
Der Aufgabenkatalog eines Klostervorstehers ist umfangreich und bietet viel Abwechslung. So ist Josef Haselbach unter anderem für die Planung der verschiedenen Stellvertretungen, welche die Kapuziner in den Pfarreien der Region übernehmen, zuständig, muss sich mit der allgemeinen Administration des Klosters befassen und die Finanzen verwalten. Auch die Betreuung des externen Personals liegt in seinen Händen. Kurz, er ist Geschäftsführer, Finanzchef und Personalverantwortlicher in einer Person. Dreimal wöchentlich ist Bruder Josef zudem im Spital in Wil als Spitalseelsorger unterwegs. Für diese Besuche im Spital hat er sich ein eigenes Gewand geschneidert; eine Sennenkutte aus dem braunen Tuch der Kapuzinerkutten. «Die Kapuzinerkutte wirkt auf einige Menschen befremdend, deshalb will ich sie hier nicht tragen.» Mit einem Augenzwinkern fügt er hinzu: «Wenn man im Zug allein sitzen will, dann trägt so eine Kutte deutlich dazu bei.» Als Spitalseelsorger kann er auf einen grossen Erfahrungsschatz zurückblicken; sechs Jahre lang wirkte er in diesem Amt im Kanton Uri.

Davor engagierte sich Bruder Josef für verschiedene Projekte. So setzte er sich zum Beispiel für Drogentherapie in klösterlichem Rahmen ein oder initiierte mit zwei Mitbrüdern in Rapperswil das Projekt «Mitleben im Kloster – von einer Woche bis zu einem Jahr».

Die Klöster öffnen
«Wir haben das Kloster in Rapperswil geöffnet, sodass verschiedene Menschen eine Oase zum Auftanken finden können.» Begeistert erzählt er von seinen Ideen und deren Umsetzung. «Solche Projekte, wo wir als Kapuziner anderen Mitmenschen die Möglichkeit bieten, einen Teil ihres Lebens mit uns zu verbringen, liegen mir besonders am Herzen.» So begann er in Solothurn das Projekt «Klosterjahre in der Lebensmitte». Der Aufenthalt im Kloster sollte mindestens ein Jahr dauern. «Ein solcher Austausch ist sowohl für etwaige Gäste als auch für die Brüder bereichernd und entspricht einem Bedürfnis», ist Josef Haselbach überzeugt und verweist auf die sieben Frauen und Männer, die bald einmal im Kloster in Solothurn bei diesem Projekt mitgemacht haben.
Ob er es denn rückblickend nie bereut hat, einem Orden beizutreten? Diese Frage verneint Bruder Josef lachend. «Ich hätte ohne meinen Orden niemals so viele Projekte umsetzen können. Meine Ideen wären sowohl an der fehlenden Unterstützung von aussen als auch an den Finanzen gescheitert